Ewigkeit im Herzen

Der Monatsvers für September ("Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende") aus Prediger 3,11 findet eine großartige Formulierung.

Hier ein paar Gedanken dazu, die ich für unseren Gemeindebrief geschrieben habe:

Wir alle sind Menschen unserer Zeit. Wir haben einen zeitgebundenen Geschmack (wer würde heute noch in den Hosen der 70er Jahre herumlaufen?). Man bleibt seiner Epoche verhaftet – früher hießen die Helden Fritz Walter und Toni Turek, heute Reus und Boateng. Wir haben eine zeitbedingt geprägte Sicht – wir wissen im Jahr 2018, dass die Erde die Sonne umkreist und nicht umgekehrt, aber mit Pfeil und Bogen ein Wildtier erlegen, das können nur noch wenige. Wir sind alle Geschöpfe unserer Zeit. Mit entsprechend begrenzter Sicht.
Aber das Alte Testament sagt: In jedem Menschen schwingt auch etwas anderes an. Wir alle hören leise das Echo einer Wirklichkeit, die hinter unserer Zeit und Lebenswirklichkeit liegt. Alle Menschen haben „ein Stück Ewigkeit“ in sich. In unsere Herzen (also in unser Entscheidungszentrum, in den Sitz unserer Persönlichkeit) hat Gott ein Empfinden für die Ewigkeit gepflanzt. 
Früher oder später ahnt jeder Mensch, dass nach diesem Leben noch mehr kommen muss. Diese Ahnung, dass da mehr ist, dass da jemand ist, hat Gott in das Herz eines jeden Menschen gelegt. Kein Wunder: Der Mensch ist als Ebenbild Gottes geschaffen (1. Mo 1,26f), ist also angelegt auf eine Beziehung zu Gott, der außerhalb der Zeit lebt. Das unterscheidet uns von der übrigen Schöpfung.

Das erklärt, warum irgendwann im Laufe seines Lebens bei jedem Menschen Fragen auftauchen, die über das hinausblicken, was unsere 5 Sinne erfassen können. Diese Ahnung, dass da Räume hinter unserer Lebenswelt sind – Gottes Räume – zeigt sich bei Kollegen, Freunden und Nachbarn auf ganz verschiedene Arten. Die einen meditieren, die anderen beschäftigen sich mit Klangschalen, Räucherstäbchen oder Zen. Wieder andere erhoffen sich Hilfe durch heilende Steine, Feng Shui oder Amulette. 

Wir als gläubige Christen können sensibel dafür sein, wenn bei Menschen in unserem Umfeld eine spirituelle Sehnsucht wach wird. Sie entspringt dieser „Ewigkeit im Herzen“. Genau diese Suchbewegungen, die nicht immer sofort in die richtige Richtung zielen, thematisiert Paulus unter „Andersgläubigen“ in Athen auf dem Areopag (Apg 17,27f GNB): Gott „hat gewollt, dass die Menschen ihn suchen, damit sie ihn vielleicht ertasten und finden könnten. Denn er ist ja jedem von uns ganz nahe.“ Und wir können wie Paulus, wo immer es hilfreich ist, fröhlich auf den hinweisen, der „der Ewige“ (1 Mo 21,33; Jes 40,28; Rö 16,26) ist. Unsere Begrenztheit, Vergänglichkeit, Unvollkommenheit können wir gerne akzeptieren, weil wir dem Schöpfer vertrauen, der uns einwebt in seine nicht endende Geschichte, der unseren kleinen Lebensfaden nahtlos weiterführt in seine Ewigkeit hinein. Wenn wir uns nicht den Maßstäben unserer Zeit anpassen, sondern unser Denken durch Gott erneuern lassen (Rö 12,2), können andere schon im Hier und Jetzt, in unserem Alltagsleben Spuren der Ewigkeit finden. Die haben bleibende Bedeutung.

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